Liebe LeserInnen,
„Scheiden“ – Das klingt nach Abschied. So ist es auch
gemeint. Wir trennen uns. Wir nehmen Abschied. Wir räumen auf. Die profitorientierte
Männerherrschaft hat abgewirtschaftet. Die Zahlen sprechen für sich (Kerstin
Pilop/Christa Köpp-Blodau). Das „Scheitern der Moderne“ (Claudia von Werlhof)
ist mehr als „eine Krise“. Es ist das Ende eines Gewaltsystems, dessen
Grundlage „die permanente Beraubung der Frauen“ als „Hausfrauen“ war und in den
letzten Jahren zunehmend auch der Männer, ganz zu schweigen von der Versklavung
der indigenen Völker und vom Raubbau an der Erde.
Das Thema „Scheiden“ lässt uns nicht in der Zuschauerin-Rolle. Es betrifft uns
Frauen auch nicht nur als Opfer. Es betrifft uns in einem reichen westlichen
Land, weil auch wir nicht von der Klimakatastrophe verschont bleiben. Es
betrifft uns, weil auch bei uns Menschen immer ärmer werden. Vor allem betrifft
es uns, weil wir nicht weitermachen können wie bisher.
Scheiden bedeutet Entscheidung: „Jeder Abschied ist ein kleiner Tod“ (KaraMa
Beran). Das Nein-sagen, das Loslassen kann und muss geübt werden, auch wenn uns
das bei einigen die Sympathien kostet. Ohne den Schnitt gibt es keine Ernte,
ohne den Abschied vom Patriarchismus kein Leben. „Das stetige Anhäufen von
materiellen Dingen ist vorbei“, sagt Vandana Shiva und sieht darin eine
Herausforderung zur Neuorientierung: Welches Leben wollen wir denn? Unser
Konsumverhalten ist eingebunden in das Ausbeutersystem. Es „hat unseren Alltag,
unsere Bedürfnisse und Gewohnheiten durchdrungen und hat seine Brückenköpfe in
jeder und jedem errichtet“ (Maria Mies). In der „Befreiung vom Konsum“ liegt
unsere Chance, den tödlichen Wachstumszwang zu beenden und „aus dieser
armseligen, würdelosen Mangelgesellschaft“ auszusteigen. Die „kommunizierende
Gemeinschaft mit allem Lebendigen auf der Erde“ fordert uns zur
Konfliktfähigkeit heraus – eine Grundbedingung für den Frieden (Erika Drees).
Wir brauchen in der Politik dringend Menschen mit der „Fähigkeit des
Bemutterns“. Denn: „Kein Machtkampf der Welt kann so wichtig sein wie das
Leben“ (Kirsten Armbruster).
Uns erreicht die Stimme der „pachamama“ aus Bolivien, eine Botschaft von Evo
Morales, die uns in Form von 10 Geboten Gemeinsamkeit und Wegweisung anbietet.
Barbara Degen erinnert uns daran, dass Recht und Balance von Urzeiten an Sache
der Frauen war. „Die weibliche Schöpfungsfähigkeit und Rechtsetzungsmacht“
versinnbildlicht die Waage, die nach Christine de Pizan „mit Wertschätzung und
Liebe“ gefüllt werden muss, um wieder in die Balance zu kommen. Das
Vergessen-machen und Unterdrücken funktioniert nicht mehr. Als unseres Selbst
bewusste Frauen wissen wir, dass „der Schlüssel der Erleuchtung“ (Dagmar
Margotsdotter-Fricke) zwar ein wohlgehütetes Geheimnis ist, aber zugleich auch
die Wahrheit über unsere Lebens- und Liebesmacht. Das „Lied der Inanna“
(Kerstin Pilop) singt davon und berührt den Schmerz unserer Seele. - Schneiden
ist auch Liebe. - Wir nehmen das Amt der Schnitterin wahr und schneiden
ab, was wuchert. Wir erheben unsere Sicheln und schaffen neuen Raum zum Leben.
Scheiden heißt Sich-trennen. Und Scheiden bedeutet zugleich Sich-verbinden. Wir
verbinden uns mit unseren Schwestern und Brüdern, die vor uns für ein besseres-
für ein gutes Leben gekämpft haben. Dankbar halten wir inne und machen uns
bewusst, was uns alles geschenkt wurde und wird. Jetzt ist die Zeit der
Entscheidung! Wir verbinden uns wieder mit den unterdrückten Völkern und ihrer
alten Weisheit. Wir entscheiden uns für eine andere Art des Lebens mit unseren
Mitwesen, den Tieren und Pflanzen. Wir verbinden uns wieder mit unserer Mutter
Erde und ehren ihren Jahreskreislauf, von dem wir leben. Wir verbinden uns mit
der Göttin Maát, mit der lebendigen Göttin, die uns die Fürsorge für
alles Lebendige anvertraut.
Krista Köpp
6 Jetzt ist Schluss! Es reicht! Kerstin Pilop/ Krista Köpp-Blodau
11 Die Bestohlenen werden sich erheben
Spiegel-ONLINE im
Gespräch mit Vandana Shiva
14 Befreiung vom Konsum Maria Mies
19 Patriarchale „Schöpfung" als Zerstörung Claudia von Werthof
22 zehn Gebote zur Rettung der Erde Evo Morales Ayma
26 Waage und Schwert in Frauenhand Barbara Degen
30 Was spricht Matt? Kirsten Armbruster
33 Sind wir friedensfähig? Erika Drees
35 Jeder Abschied ist ein kleiner Tod KaraMa Beran
37 Es geht um alles Dagmar Margotsdotter-Fricke
44 Venus vom Hohle Fels
Matriamondabend
46 Lied der Inanna, Teil 2 Kerstin Pilop
50 Jahresrad: Schnitterin KaraMa Beran
54 Die Kräuterfee Marita Akaja Zadra Marie-Luise Stiawa
56 Buchbesprechungen
58 GODEWEG: Der Ritenberg Kirsten Armbruster
61 GodeNetzwerk
62 Vorankündigung
63 G.I.a.n.z.s.t.ü.c.k.e
66 Resonanzen
70 Matri-Netz
72 Impressum